Bedrückend, wie aktuell der Text in seinen zentralen Aussagen bleibt. Jankélévitch bringt die damalige wie heutige Bedrohung der Juden in aller Kürze auf den Punkt: die Juden sind bedroht vom palästinensischen Terror in und außerhalb Israels, sie sind zudem der Gleichgültigkeit gegenüber dem Judenhass ausgesetzt, die selbst schon antisemitisch ist, weil sie dessen Taten grundsätzlich relativiert; auch thematisiert er die antizionistische Mehrheit innerhalb der Vereinten Nationen. Ein Jahr vor Jankélévitchs Statement formulierte ein Schriftsteller im Tessin es ebenso unmissverständlich: die völkerrechtliche Verurteilung des jüdischen Staats durch die UNO bestätigt »Politik, die kein anderes Ziel kennt als Israels Vernichtung …, eine Politik, die keine Mittel scheute und scheut, dieses Ziel zu erreichen.« Dabei haben gegenüber Israel, wie Jankélévitch es formuliert, »die Nationen der Welt, und an erster Stelle die Bezwinger Deutschlands, eine besondere Schuld aufgenommen: für all das, was sie nicht getan haben; für all das, was sie hätten tun sollen.« Dass die UNO aus dem Kriegsbündnis gegen Nazideutschland hervorgegangen ist und in ihrer Mehrheit Israel anerkannt hat, nimmt Jankélévitch zum Anlass, von ihren Mitgliedern Verantwortung für den Schutz des jüdischen Staats einzufordern. Gleichzeitig ist ihm bewusst, dass dies nur eine moralische Forderung gegenüber den Vereinten Nationen bleibt und dass das Völkerrecht nur ein Resultat der gewaltsamen internationalen Beziehungen ist, welches darüber hinaus gegen Israel gewendet wird.