Zeugnisse ›jüdischer Caféhausliteraten‹ in der bayrischen Revolution

Ähnlich wie Rosa Luxemburg setzte Eisner im Gegensatz zu vielen Revolutionären auf eine Verbindung des Rätegedankens mit einer parlamentarischen Demokratie. Trotz des moderaten Kurses sah er sich mit Beginn seiner Regierung einer kontinuierlichen antisemitischen Hetze von Konterrevolutionären ausgesetzt. Er wurde als galizischer Jude denunziert, der eigentlich Salomon Kosmanowsky heiße und unwürdig für den Posten des Ministerpräsidenten sei. Im Bayrischen Kurier, dem Presseorgan der Bayrischen Volkspartei kolportierte man, in den Büros der neuen Gewalt wimmele es von Jüdinnen und Juden. Bereits am 8. November 1918 notierte er im Tagebuch: »München wie Bayern, regiert von jüdischen Literaten. Wie lange wird es sich das gefallen lassen?« Besonderen Hass zog Eisner bei Rechten, die die Dolchstoßlegende propagierten, auf sich; wegen seiner Anerkennung der deutschen Schuld am Weltkrieg. Der bescheiden im kleinbürgerlichen Vorort Großhadern lebende USPD-Politiker war für viele »ein preußischer Rothschild und ein bayrischer Trotzki in einer Person«. Adolf Hitler, der zu dieser Zeit in München lebte, resümierte ein paar Jahre später in Mein Kampf: »Jedenfalls begann im Winter 1918/19 so etwas wie Antisemitismus langsam Wurzel zu fassen.«

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