Das ideologische Kernmotiv Cixin Lius lässt sich unschwer als die spezifisch literarische Gestalt einer für die kontemporäre chinesische Staatsideologie konstitutiven Idee entziffern, nämlich dem von Zhao Tingyang in die Gegenwart übersetzten antiken Herrschaftsmodell des Tianxia. Hierunter ist »ein inklusives Konzept der globalen Kooperation« zu verstehen, »das mit dem westlichen Modell der Hegemonie und des egoistischen Individualismus breche und der kulturellen Vielfalt Rechnung trage«. Cixin Lius Invektiven gegen den der Logik des Wertgesetzes (welches im Übrigen in keinem seiner Werke nennenswerte Erwähnung findet) entsprungenen und zuvorderst im Westen verorteten Egoismus und Individualismus entpuppen sich als unverhohlene Werbung für das chinesische Gegenmodell zur westlichen Hegemonie, das statt ungezügelter Marktkonkurrenz »materielle Besserstellung und freien Warenverkehr« und statt egoistischer Nutzenmaximierung den »Vorrang der Gemeinschaft vor dem Einzelnen« propagiert. Desiderat jenes Modells ist nach außen gewandt eine politische Ordnung, in der »alle Kulturen und Religionen … harmonisch und ohne ›einseitigen Universalismus und Kulturimperialismus‹ unter dem Schirm einer nicht näher bestimmten ›Weltsouveränität‹ im Frieden miteinander leben« und nach innen hin ein autoritäres Modell staatlicher Totalherrschaft zur repressiven Absicherung der besagten politischen Ordnung innerhalb des Staates – wobei die staatliche Totalherrschaft als ›Sozialismus chinesischer Prägung‹ und der ›Weltsouverän‹ selbstverständlich in Gestalt Chinas zu denken ist.