Selbstzerstörung des Westens oder Untergang des Abendlandes?

Thomas von der Osten-Sacken: So offen jedenfalls wie derzeit auch die Bundesregierung mit dem Iran kollaboriert, ohne zumindest verbal ein wenig die Menschenrechte zu thematisieren oder zumindest noch zu erwähnen, dass sie die Vernichtungsdrohungen gegen Israel nicht erfreulich findet, hat sie das früher nicht getan, da setzte man offiziell auf Wandel durch Dialog. Selbst davon ist heute nicht mehr die Rede.
Und natürlich nehmen die Menschen das im Nahen Osten wahr, nicht nur in Kurdistan. Bis heute unterschätzt man hierzulande völlig was die »Liberation-Policy« eines George W. Bush für Schockwellen in der Region ausgelöst hat. Ohne den Sturz Saddams wäre es vermutlich so weder zu den Massenprotesten im Iran, noch zum so genannten arabischen Frühling gekommen. Zuvor galt bei allen US-Administrationen das Paradigma der »Stabilität«, auf das sich ja Heiko Maas verrückterweise jetzt auch ständig beruft: Jeder Herrscher, der in seinem Land, egal wie, für Ruhe und Ordnung sorgte und ein einigermaßen pragmatisches Verhältnis zu den USA und Europa unterhielt, konnte eigentlich alles tun, was er wollte. Dann kam dieses Intermezzo und plötzlich wurde von Demokratie, regime change, Rechtsstaat, Föderalismus und Freiheit geredet und die USA schienen es auch noch ernst zu meinen. Natürlich, auch wenn es oft ganz anders zum Ausdruck kam, glaubten viele Menschen nach 2003 daran. Sie glaubten, dass sie auch in ihren Ländern unterstützt würden. Egal ob in Libyen, Syrien, Kurdistan oder dem Jemen. Und es hat Jahre gedauert, bis sie verstanden, dass die Vorzeichen amerikanischer Außenpolitik sich grundlegend verändert hatten. Heute fühlen sie sich deshalb verraten. Natürlich sind viele auch dem Glauben aufgesessen, dass die Amerikaner so omnipotent seien, wie es die panarabische und auch islamistische Negativpropaganda ihnen über Jahrzehnte eingetrichtert hatte. Aber die Entwicklungen gaben ihnen ja Recht, die Unterstützung kam nicht. Und Europa? Nun, in diesem Zusammenhang erscheint es nicht als Einheit. Frankreich und England wird getrennt etwa von Deutschland wahrgenommen. Ansonsten spielen europäische Staaten, immerhin noch vor siebzig Jahren Mandatsmächte, im allgemeinen Bewusstsein kaum eine Rolle außer als mögliches Fluchtziel.

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