Die politische Ökonomie des Antisemitismus

Wie kann es sein, dass dieses so oft als Fälschung enttarnte Machwerk nicht nur bis heute als Grundbuch des Antisemitismus, wie auch, natürlicherweise, der Konterrevolution gegen Israel wirkt, sondern dass es im Nazifaschismus zum Grundgesetz erhoben, das heißt der Judenhass zur Staatsräson, zum Inhalt und zum Wesen der politischen Souveränität wurde? Die Frage ist also die nach dem überaus intrikaten Verhältnis von Lüge und Ideologie; das heißt die Frage nach dem Grund dessen, dass die so harmlos freundlichen Aufklärungsversuche der liberalen Antisemitismusbeforschung systematisch nicht nur ins Leere gehen müssen, dass sie vielmehr den Antisemitismus, den sie als Lüge entlarven wollen, doch als Meinung hofieren und ihm somit als Ideologie stets neues Futter geben. Wolfgang Benz – ich erspare mir weitere Bemerkungen über diese traurige Gestalt – ist ja ein Paradeexemplar eben dieser liberalen Antisemitismusbeforschung. Und wenn er nun eine Broschüre veröffentlicht, Die Protokolle der Weisen von Zion. Die Legende von der jüdischen Weltverschwörung, dann heißt es eben hier, dass die Protokolle das Orientierungsbedürfnis in einer zunehmend unübersichtlicheren und immer stets komplexer werdenden Gesellschaft befriedigen, dass hier also eine »wahnhafte Konstruktion« gegeben wird, ein »Mythos«, ein »Konstrukt« und dann kommt noch das Wort, es sei ein »Diskurs«. – Das Wort »Diskurs« muss man ja eher postmodern französisch vor sich hin flöten, damit es auch richtig süffig wird. Also es werden Gründe genannt, dass hier eine Art Reduktion gesellschaftlicher Komplexität stattfinde, es wird nicht – mit guter Absicht nicht – auf dieses Rätsel der im Kapital inkarnierten gesellschaftlichen Synthesis rekurriert. Und so ist diese Literatur im Großen und Ganzen einfach nur Müll und das Einzige, was von dieser Literatur kein Müll ist, ist das Buch von Alexander Stein Adolf Hitler, Schüler der »Weisen von Zion«.

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