Insbesondere innerhalb der Linken ist eine Tendenz beobachtbar, die Kritik des Antisemitismus zu verdrängen und an ihre Stelle jene anderer Ressentiments zu setzen. Diese Tendenz hat wohl damit zu tun, dass im Falle des Antisemitismus die problematische Vorstellung vom ›reinen Opfer‹ – anders als im Falle von Rassismus oder Antiziganismus – nicht bewahrt werden kann: Bedingt durch die Existenz jüdischer Staatlichkeit als Schutzmacht gegen die antisemitische Bedrohung, können die Juden nicht mehr als eines jener ›subalternen‹ Subjekte figurieren, mit denen sich die Linke stets bevorzugt identifiziert und solidarisiert.