Ein Kennzeichen des modernen Antisemitismus ist, dass er frühere Formen des Judenhasses in sich aufnimmt und transformiert. Dabei genügt – anders als der WDR-»Faktencheck« nahelegt – bereits die antisemitische Anspielung. Abbas spielt in seiner Rede auf eine in der christlichen Welt weit verbreitete Verschwörungstheorie an, um die ›internationale Gemeinschaft‹ für die Sache der Palästinenser zu gewinnen, wobei aber nicht vergessen werden sollte, dass ähnliche Ideen auch in der Geschichte des arabisch-muslimischen Raums nachweisbar sind. Gilt dort der moderne Antisemitismus gemeinhin als ein rein christlich-europäischer ›Import‹, so weist Robert S. Wistrich darauf hin, dass sich bereits in arabischen Quellen des 12. und 13. Jahrhunderts Anschuldigungen finden lassen, Juden hätten das Essen der Muslime vergiftet, zum Beispiel in den Werken von Abd al-Rahim al-Dimashi, über den Wistrich schreibt: »The Jews might seem outwardly submissive, he suggested, but their religion required them to hate Muslims and, where possible, to poison their food or cause them harmful illnesses.« Die frühe islamische Literatur enthielt Wistrich zufolge überdies eine »standard story«, in welcher der schmerzvolle, langsame Tod Mohammeds durch die Vergiftung der Jüdin Zeynab herbeigeführt wurde.