Die Vergleiche zwischen Lanzmanns Werk und Benjamins Überlegungen hören dort jedoch noch nicht auf. Claude Lanzmanns Shoah ist, wie jeder weiß und oft schon bemerkt worden ist, kein bloßer »Dokumentarfilm«. Es ist ein epischer Film. Er erzählt ein Epos, allerdings ein negatives, nämlich das der Vernichtung, ein Epos des Todes in dem Sinne, in dem die Ilias und vor allem die Odyssee ein Epos des Lebens darstellen. … Das Epos aber gründet, wie Benjamin sagt, auf der Ausschöpfung des Gedächtnisses: »Das Gedächtnis ist das epische Vermögen vor allen anderen. Nur dank eines umfassenden Gedächtnisses kann die Epik einerseits den Lauf der Dinge sich zu eigen, andererseits mit deren Hinschwinden, mit der Gewalt des Todes ihren Frieden machen.«