Johannes Meyer-Bohe

Johannes Meyer-Bohe

Der Freund aller Ähnlichkeit oder warum man mit einer Registriermaschine nicht tanzen kann

Picasso, der Surrealismus und eine wenig beachtete Trennungsgeschichte

Heft 24, Sommer 2024 Essay

Der Unterschied zwischen Picasso und den Surrealisten lässt sich an dem aus der griechischen Mythologie stammenden Minotaure illustrieren. Das Menschenleib und Stierkopf verbindende Wesen war für Picasso ein wichtiges Motiv und gleichzeitig Wappentier der ab 1933 erscheinenden Kunstzeitschrift, bei der Breton zwar den Posten des Chefredakteurs bekleidete, die durch ihre luxuriöse Aufmachung und ihren horrenden Preis aber gleichzeitig die Läuterung des Surrealismus zur Kunst anzeigt. Der Name erinnerte die Surrealisten »an grausame und zweideutige Mythen …, deren Ursprung Freud auf das Unbewusste zurückgeführt hat«; sie sahen in ihm »die Kraft, die die Grenzen des Irrationalen durchbricht, die ihre Fesseln sprengt, um die Gesetze zu verletzen und die Götter zu beleidigen … Sie identifizierten ihn mit ihren eigenen Zielen: immerwährende, universelle Gewalttätigkeit, absolute Revolte, totale Aufsässigkeit, grenzenlose Freiheit.«  Picasso hatte eine ganz andere Vorstellung von den Eigenschaften des Stier-Menschen: Solche, die er von sich selbst kannte. Und obwohl sein Minotaurus »das schnaubende Ungeheuer« war, »das eine schlafende Frau umschleicht«, bedeutete dies nicht die surrealistische Verehrung für alles, was die Surrealisten am Minotaurus »an Unnatürlichem, an Übermenschlichem, Überwirklichem entdecken konnten«, sondern es ging Picasso um dessen »›menschliche, allzu menschliche‹ Haltung«.

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