Jean Améry

Jean Améry

Zwischen Vietnam und Israel

Das Dilemma des Engagements (1967)

Heft 23, Winter 2024 Essay

Wie weit war ich – jenseits natürlich aller unmöglichen Vergleiche – entfernt von Sartre? Wie weit von Enzensberger und allen linksintellektuellen Engagierten, für die der Bestand des Staates Israel ein »Problem« zwar ist, aber keine Sache ihres eigenen Platzes in der Welt? Sternweit. Wir, die wir als Träger jüdischen Schicksals – wir mögen Voll- und Glaubensjuden sein oder total assimilierte Atheisten – uns haben erkennen müssen, sind, seit Israel sich in Gefahr befindet, ausgeschlossen aus der Gemeinschaft, die gestern die unsrige war. Wir stehen, sofern wir jedenfalls der Generation angehören, die Hitlers Verbrechen im Fleische erfuhr, wiederum so allein da wie zwischen 1933 und 1945. Wir können nicht mehr wählen, können uns nicht mehr wählen: Denn wir wurden schon gewählt, als Opfer, und es bestehen manche Aussichten, daß wir die damals uns auferlegte Rolle noch einmal werden spielen müssen.

Jean Améry

Zwei verfeindete Denkmethoden

Max Horkheimers Essays über die dialektische Vernunft

Heft 08, Frühjahr 2016 Parataxis

Daß ich es nur ganz persönlich eingestehe: die Lektüre der Aufsätze Horkheimers hat mich, da ich mich doch bemühe, der irrationalen Wahl zwischen dialektischer und analytischer Vernunft zu entrinnen, in einen geistigen Zwiespalt gestoßen, der sich subjektiv als ein Gefühl völliger Hilflosigkeit dartut.

Jean Améry

Der abgeschaffte Mensch

Blick in die Welt des Strukturalismus

Heft 01, Herbst 2012 Essay

Der Strukturalismus ist in der Tat eine Philosophie jenseits des Menschen. Er signalisiert entweder das Ende des Humanismus – an das ich nicht glaube – oder zumindest eine Leerstelle im Fortschritt des Bewusstseins der Freiheit. In seiner Besessenheit von »Wissenschaftlichkeit« – wobei wir doch festhalten müssen, wie wenig er diesem Selbstanspruch gerecht wird, – begreift sich der Strukturalismus wie vor vier Jahrzehnten der Neo-Positivismus des Wiener Kreises, als die geistige Zurücknahme der traditionellen Philosophie. »In einer technokratischen Gesellschaft« hat Sartre in seiner Polemik gegen die Strukturalisten gesagt, »ist kein Platz mehr für die Philosophie, es sei denn, sie verwandle sich selbst in Technik«. – In einer technokratischen Gesellschaft, wollen wir hier auf eigene Hand hinzusetzen, ist auch kein Platz mehr für den Menschen, es sei denn, er verwandle sich freiwillig in bloße technische Funktion.

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