Die Darlegungen von Wilhelm Gerloff entsprechen in einer verblüffenden Weise jenem Begriff von Gesellschaft, der auch der Analyse Alfred Ammons zugrunde liegt. »Die Grundlagen der Gesellschaft ruhen in jenen Kräften, die den Menschen selbst konstituieren. … Das gesellschaftliche Dasein gründet sich auf seelische Verknüpfungen. Diese schaffen gewisse die Einzelnen verbindende … Beziehungen: den gesellschaftlichen Tatbestand. Dieser objektiviert sich in bestimmten Äußerungsformen: Kult, Verkehr, Recht, Sitte. Jede dieser Äußerungsformen bedient sich irgendwelcher Ausdrucksmittel als Verständigung.« Gesellschaft ist für Gerloff ebenso wie für Amonn nur im psychischen Bereich verankert, alle Phänomene des sozialen Prozesses reduzieren sich für ihn auf »Für-, Mit- oder Gegeneinander gerichtetes menschliches Zweckhandeln«. Gesellschaft verflüchtigt sich daher zu einem »Oberbegriff« für mannigfaltige Arten zweckrationalen Handelns; »Wirtschaft ist der Artbegriff«. Wie in den anderen Sphären der Gesellschaft Gebärden und Sprache nur als Mittel der Verständigung im Kontext des gegeneinander gerichteten Zweckhandelns interpretiert werden, so sieht Gerloff seine Aufgabe als Geldtheoretiker in der »Deutung des Geldes als Mittel sozialer Verständigung oder sozialer Handlung.«
Simmel hat als seine Grundabsicht ausgesprochen: »dem historischen Materialismus ein Stockwerk unterzubauen, derart, daß der Einbeziehung des wirtschaftlichen Lebens in die Ursachen der geistigen Kultur ihr Erklärungswert gewahrt wird, aber eben jene wirtschaftlichen Formen selbst als das Ergebnis tieferer Wertungen … psychologischer, ja, metaphysischer Voraussetzungen erkannt werden. Für die Praxis des Erkennens muß sich dies in endloser Gegenseitigkeit entwickeln: an jede Deutung eines ideellen Gebildes durch ein ökonomisches muß sich die Forderung schließen, dieses seinerseits aus ideelleren Tiefen zu begreifen, während für diese wiederum der allgemeine ökonomische Unterbau zu finden ist, und so fort ins unbegrenzte.« Simmels Vorstellung, auf der Basis der subjektiven Wertlehre dennoch den »Erklärungswert« des historischen Materialismus zu »wahren«, liegt die Voraussetzung zu Grunde, daß sich objektive Werttheorie und historischer Materialismus unabhängig voneinander analysieren und rezipieren lassen. Der polemische Zug gegen die Fachwissenschaft ist Simmel und Marx gemeinsam. Es geht um »Anknüpfung der Einzelheiten und Oberflächlichkeiten des Lebens an seine tiefsten und wesentlichsten Bewegungen und ihre Deutung nach seinem Gesamtsinn.« Die Intention beider ist darauf gerichtet, der Einzelerscheinung in der Weise gerecht zu werden, daß ihre »Erlösung aus der Isolierung und Ungeistigkeit … des ersten Anblicks«, ihre »Erweiterung und Hinausführung zur Totalität und zum Allgemeinsten«, nicht nur in der Weise der traditionellen Philosophie postuliert, sondern auch vollbracht werden soll.