Gerhard Oberschlick
Für Karl Pfeifer
Der erfolgreiche Kampf mit Schreibmaschine und Papier, nicht wenig davon landet im Papierkorb, brachte den ersten ausgewachsenen Artikel sowie unversehens ein schönes – für den Arbeitslosen schönes Geld. Da hattest Du wohl den Beruf, dem Du bestimmt warst, endlich doch für Dich entdeckt, mit 51 anno ’79. Schon Anfang des folgenden Jahres erschien das große, sorgsam moderierte Round-Table-Gespräch von Budapest mit den Oppositionellen Hegedüs, Földvari und Zsille im FORVM, worauf Du dessen damaligem Blattmacher Michael Siegert den Zugang zu Deinen dissidenten Kreisen in Ungarn selbstlos eröffnet hast. Eifersüchtig gehütet hätten andere so ein Monopol auf wertvolle Kontakte.
Gerhard Oberschlick
Editorische Bemerkungen
Eine kleine »Ketzerei« aus den nachgelassenen Typoskripten zuerst, dann der nur hier so betitelte kurze Auszug aus Anders’ Rede zum Adorno-Preis runden das Denken mit Anders zum 115. Geburtstag in seinem 25. Todesjahr ab, und sei es nur, um die Wahrheit eines seiner gereimten Aperçus etwas hinauszuschieben, um nicht zu sagen: dieses, mit dem er hier das letzte Wort behält, in seinem Sinne zu widerlegen: »Letzter Nachtspruch // Kein Sternbild hat dich je vermisst, / kein Gott dein Buch gelesen, / im Nu, da du gegangen bist / warst du nie dagewesen.«
Gerhard Oberschlick
Nicht genügend kontrovers
Warum von Günther Anders’ Nachlass nichts in Tumult erscheint
Dass die Verfälschungen Ernst Noltes, widerspruchslos redaktionell als prominente Preziosa auf Sammetpölsterchen präsentiert werden, kann daher nur in einer Blattlinie gründen, die von den aktuellen Verantwortern heimlich, hinter dem Rücken des Publikums, mit Bedacht gezogen wird. In ihrer veröffentlichten und – im prägnanten Wortsinn: – unheimlichen Blattlinie deklarieren sie »Zum Charakter« ihres Blattes gegen Schluss: »TUMULT publiziert neben Luftigem und Unaufgeräumtem auch Schwieriges und Unplausibles, neben experimentellen Textsorten auch Manifestartiges. Die Redaktion schätzt denkerische Strenge und Konsequenz, aber nicht die rituelle Stilisierung selbstgenügsamer Wissenschaftlichkeit. Erkenntnis als Frucht der Begierde zu begreifen, was vor sich geht, ist heute annähernd überflüssiger Luxus. Es herrscht die Zuversicht vor, man könne sich die Welt nach Belieben zurechtmachen, müsse sie nicht erst erkennen. Aber wir hängen am Luxus und nehmen gern das Risiko in Kauf, elitär zu erscheinen. Die Intellektuellen sind die Elite der Überflüssigen.« Der elegant mit den emotionalen Qualitäten der Wörter spielende Schwall drängt mir den Eindruck auf, die Redaktion missverstehe Erkenntnis als Frucht derjenigen ihrer Begierden, um derentwillen sie auf die Lästigkeit denkerischer Strenge verzichtet, intellektuelle Unaufgeräumtheit aufopfernd pflegt, rationale Sortierung rituell vermeidet und sucht, sich’s nach Gusto in der tollen Küche zusammenzurühren – Hauptsach’, ’s is all’s ganz wild kontrovers.