Seit Martin Broszats Vorwort zu Kommandant in Auschwitz überrascht, mit wie viel Spott, Hohn und Verachtung über Höß’ angebliche Spießigkeit hergezogen wird. Richtig in Rage gerät der Deutsche, wenn er im Nazi den Spießer entdeckt (als würde er es ihm übelnehmen, nicht der ›richtige Nazi‹ zu sein). In seiner Verachtung wird er wortreich. Anders ist es bei der Judenvernichtung: über die gebe es nicht viel zu sagen, weiß man seit Broszat, der dasselbe sagt wie Höß: sauber, sachlich, ruhig, lautlos und ohne Qualen sei es da zugegangen.
In dieser Kritik am Täter verschwindet die Judenvernichtung hinter dem Spießersein. Mit der Charakterisierung der Täter als Spießer ging die Konstitution des Selbstbildes der sich in den 1960er Jahren in Westdeutschland formierenden links-liberalen kritischen Bevölkerungskreise einher. Wenn Nazis Spießer waren, dann konnte man sich selbst und anderen zeigen, kein Nazi zu sein, indem man kein Spießer war.