Warum aber spielt am religionswissenschaftlichen Lehrstuhl, den Heinrich aufgebaut hat, die Psychoanalyse für die Theoriebildung eine derart zentrale Rolle? Heinrich stellt diese Frage apologetisch ebenfalls an den Anfang seiner Ödipus-Vorlesung. Nebst dem Ziel, ihr in seinem Institut nach der sich damals schon abzeichnenden Verdrängung der Psychoanalyse aus der Psychologie Asyl zu bieten, nennt Heinrich zwei Erfahrungen, die ihn angesichts der »Wiederbelebung oder Neugründung von Universitäten« nach 1945 in Deutschland erschrecken machten: »Erstens, was von 1933 bis 45 manifest geschehen war, also der NS-Faschismus, war im Handumdrehen verdrängt worden … woraus sich unmittelbar die Frage ergab wie kann dieser Verdrängungsvorgang in wissenschaftliche Reflexion eingebracht werden? … Aber so ist die Frage falsch gestellt … Die Frage war im Grunde genommen sehr viel prekärer gestellt: gibt es überhaupt eine Wissenschaft – und nur eine solche schien uns damals zu zählen – die nicht ohnmächtig derartigen Verdrängungsvorgängen gegenübersteht? Die zweite Erfahrung war die negative Antwort auf die erste Frage.«