sans phrase - Zeitschrift für Ideologiekritik

Die Rackets und der Todestrieb

Gerhard Scheit | Parataxis | Heft 24, Sommer 2024

Freud gesteht zu, dass der Todestrieb um so viel schwerer zu erfassen sei als die Libido; dass er gewissermaßen nur als Rückstand hinter dem Eros zu erraten wäre »und daß er sich uns entzieht, wo er nicht durch die Legierung mit dem Eros verraten wird. Im Sadismus, wo er das erotische Ziel in seinem Sinne umbiegt, dabei doch das sexuelle Streben voll befriedigt, gelingt uns die klarste Einsicht in sein Wesen und seine Beziehung zum Eros. Aber auch wo er ohne sexuelle Absicht auftritt, noch in der blindesten Zerstörungswut läßt sich nicht verkennen, daß seine Befriedigung mit einem außerordentlich hohen narzißtischen Genuß verknüpft ist, indem sie dem Ich die Erfüllung seiner alten Allmachtswünsche zeigt.« Es ist hier die massenpsychologische Identifikation, die es nahelegt, vom Todestrieb zu sprechen als ihrem »Rückstand«. Wenn die Libido in der Stellung der Massenindividuen zur Führerfigur sozusagen gebunden ist und deshalb vor jenem unmittelbar zerstörerischen und selbstzerstörerischen Verhalten bewahrt, so ist dieser Rückstand in den Beziehungen zu jenen Objekten zu erkennen, die außerhalb des Rackets projiziert werden, wobei dieses ›außerhalb‹ nicht selten im Inneren des Rackets selbst ausgemacht wird: als jemand, der hier keine »absolut bündigen Garantien der künftigen Zuverlässigkeit« bietet.